Reisebericht

Vom 27. Februar 2006 bis zum 17. März 2006


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05. März 2006   12. März 2006   

1. Tag
27. Februar 2006

*****Whitehorse*****River View Hotel***** 0:45 Uhr Ortszeit, -30°C ****

Seit 27 Stunden bin ich unterwegs Nonstop ohne Schlaf um endlich da anzukommen wo ich seit Monaten mich hin träumte. Nun liege ich auf dem großen Bett im Hotelzimmer, eben habe ich geduscht und einen Rum getrunken und frage mich was ich eigentlich hier suche!!!

Es war im Mai 2005 als ich Beruflich viel Zeit hatte um z.B. an einer Kanutour auf dem Yukon River mit Chris einem erfahrenen Abenteurer mitzumachen von Whitehorse bis Dawson.
Da aber Karin meine Frau im 8 Monat Schwanger war habe ich mich dann doch nicht für eine mehrwöchige Abwesenheit entscheiden können. Darauf bekam ich dann von der werdenden Mama sozusagen einen Freibrief für 2006 auch alleine nach Canada zu reisen.

An dem Tag der Taufe von unserem kleinen Björn, am 28. August 2006 beschloss ich während der Feier dann eine Wintertour im Yukon zu machen um diese einmalige winterliche Schönheit des Blockhütte-Lebens kennen zu lernen.
Im Vordergrund sollte vor allem das Dog Mushing stehen sowie allgemeine Touren im Yukon.
Larry ein Freund von mir war sofort von meiner Idee begeistert und sagte spontan zu.
Nun galt es jemanden zu finden der uns so ein Abenteuer bieten konnte denn eine pauschale „normale“ Tour sollte es auf keinen Fall werden.

Meine Anfrage bei Frank Turner den ich von unserer letzten Yukon Reise kannte blieb unbeantwortet also griff ich in meine Adressliste und schrieb William eine E-Mail mit meinen Wünschen und Vorstellungen.
Erst kam lange nichts aber dann doch die erhoffte Zusage dass er uns gerne eine Blockhütte anbieten und uns das Dog Mushing beibringen könnte.
Leider konnte Larry nicht mitmachen und so sprang Andreas mein Schwager für ihn ein.

Da wir in Vergangenheit öfters bei Nordlandtours gebucht hatten nahmen wir auch jetzt den Flug über diesen Reiseveranstalter.
Und dann war es soweit. Die Nacht vor dem Abflug habe ich erstaunlich gut geschlafen denn die Tage davor waren alles andere als ruhig. Die letzten fehlenden Ausrüstungen ergänzen, ein neuer Schlafsack und Skihose für die winterliche Yukon Kälte musste her und so war schnell mein Budget geschrumpft….

Doch nun sitze ich im Flugzeug von Nürnberg nach Frankfurt, es ist 10:55 Uhr und geplante Abflugzeit war 10:15 Uhr. Leider hat unser Flugzeug Kapitän „Verspätung“ mit seinem Flieger aus Düsseldorf und so landeten wir gerade noch rechtzeitig in Frankfurt um den Anschlussflug nach Vancouver zu erreichen. Man hatte uns schon mehrfach aufgerufen um uns am Abflug Gate zu melden.
Auf dem Flug nach Vancouver der über 10 Stunden dauerte hatte ich ausreichend Zeit zum überlegen warum ich dieses alles erleben wollte und dafür sogar meine Familie daheim gelassen hab und sozusagen unser Konto plündern musste um meinen Träumen hinterher zu fliegen.
Die Frage nach dem „Warum“ klingt echt gut. War es die Sehnsucht nach einem unbekannten Abenteuer? Den Stress der letzten Wochen abbauen? Egoistisch weil alleine?
Vielleicht. Auf jeden Fall bin ich Karin sehr dankbar dass sie es mir „erlaubt“ und Verständnis dafür aufbringt meinen Träumen hinter her zu fliegen.

Der Flug nach Vancouver verläuft relativ ruhig gutes Essen sowie Warsteiner Bier wird kostenlos serviert und auch ein guter Rotwein.
In Vancouver haben wir 6 Stunden Aufenthalt bis um 20:40 Uhr der Flug nach Whitehorse geht. Hier in Vancouver treffen wir auch Nordmann auch einen Canada Fan der ein paar Wochen im Yukon verbracht hat und auch beim Yukon Quest live dabei war.
Zwar hatten wir schon einige Mal miteinander telefoniert jedoch uns in Deutschland noch nie getroffen.
Also mussten wir beide eine große Reise machen um uns dann für einige Minuten durch eine Glaswand am Airport zu unterhalten.

Nach einem eiskalten Bier spürte ich nun aber die Müdigkeit wie sie mich packte und so versuchte ich auf den harten Stühlen im Wartesaal die restlichen Stunden rum zu kriegen. Beim Einchecken nach Whitehorse jedoch die erste Aufregung: Sprengstoffspuren im meinem Handgepäck!!!
Alles raus aus dem Rucksack…gleich waren zwei drei Wachleute bei mir und so musste Andreas mein Reisegefährte sogar aus der Thermokanne trinken wo ja nur Tee mit einem guten Schuss Rum drin war.
Leider musste der Inhalt von meinem Flachmann dran glauben und der gute teure Williams Schnaps wurde in ein Waschbecken ausgeleert. Der Grund dafür möglicherweise das Andreas am letzten Silvester seine Böller da drin hatte und da vielleicht noch Spuren von den raketen und den Zündern waren.

Nun auch der Flug nach Whitehorse ging mit 1 Stunde Verspätung los und trotzdem landeten wir fast pünktlich laut Flugplan um 23:30 Uhr in Whitehorse bei -30°C.
Mit einem alten Taxi fuhren wir die glatten Straßen bis zum River View Hotel und waren froh endlich da zu sein.

So war der erste aufregende Tag dann doch irgendwann zu Ende und ich konnte gegen 2 Uhr am Morgen endlich die Augen zu machen.


2. Tag
28. Februar 2006

Gegen 8:00 Uhr bin ich wach geworden, draußen war es schon richtig hell und ein tolles Wetter kündigte sich an. Strahlend blauer Himmel und die Sonne kroch gerade so über den Bergrücken die hinter dem Yukon River zu sehen waren.
Mensch dieser Yukon River lag ja tatsächlich nur wenige Meter vom Hotel entfernt, mit einer dicken Eisschicht zugedeckt.
Nach einem Kaffee den wir auf dem Zimmer kochten und dem letzten Brötchen von daheim machten wir uns auf einen kleinen Spaziergang bis nach draußen um die -28°C zu fühlen.
Nach wenigen Minuten kehrten wir aber wieder zum Hotel zurück denn die Nasen sind uns schon fast erfroren.

An der Rezeption kaufte ich mir erstmal eine Telefonkarte und meldete mich bei Karin zuhause dass wir gut angekommen sind. Tja auch meinen kleinen Sohnemann hörte man im Hintergrund und ich war noch nicht mal 48 Stunden weg und schon vermisse ich meine zwei liebsten Menschen.
William meldete sich auch kurz bei uns und wir wollten uns gegen 15 Uhr treffen um dann endlich zu unserer lang ersehnten Blockhütte zu gelangen.
So machten wir erstmal einen gemütlichen kleinen Rundgang durch Whitehorse und trafen uns mit Helmut der auch hier lebt und uns bei unserem ersten Einkauf in Whitehorse netterweise beratend zur Seite stand.
Menschen die hier in Whitehorse oder dem Yukon leben können natürlich bessere Tipps geben was man eventuell an Ausrüstung im Winter braucht. Und dazu gehört auf jeden Fall warme Kleidung, richtig warme Kleidung!
Die hatte ich zwar, aber meine Woll/Fleece Mütze wärmte dann doch nicht wie erwartet. So kaufte ich mir noch schnell eine warme Fellmütze und stellte zufrieden fest dass ich gegen die Kälte nun bestens gewappnet bin.

Zum Mittag Essen kehrten wir wieder zum River View Hotel zurück, wo man richtig gut essen kann. Zwar gibt es in der Mainstreet auch einige Restaurants oder Imbisse aber auch das River View kann man ruhig empfehlen. Auch das Bier dazu schmeckte typisch Kanadisch aber jo mei wir sind halt nicht in Bayern hier, oder?!
Doch nach diesem Bier merke ich die Müdigkeit die sich anschleicht denn in Deutschland wäre es ja 23:00 Uhr und im Yukon ist es gerade mal 13:00 Uhr…

Da wir noch eine gute Stunde Zeit haben machen wir einen Spaziergang am Yukon River entlang bis zur „SS Klondike“ einem Schaufelraddampfer der auf dem Trockenen steht.
Tat echt gut diese kleine Wanderung denn die Lebensgeister erwachten von alleine bei dem herrlichen Sonnenschein auch wenn es bitterkalt blieb.
Nach ein zwei Fotos kehren wir flotten Schrittes wieder zurück da die Zeit knapp wurde bis man uns abholen sollte.

Und dann endlich kam William zur Tür herein. Nach einer kurzen Begrüßung laden wir schnell unsere sieben Sachen in die Hundebox die auf seinem Truck steht und schon geht es los zum Einkaufen der Lebensmittel.
Nach einem Zwischenstopp beim Yukon Quest Headquaters wo wir einige Minuten warten müssen geht es dann in den „Superstore“ einem riesigen Supermarkt. Hier kaufen wir die Sachen die in den nächsten Tagen zum überleben notwendig sind: Steaks, Bockwürste, Bacon, Eier, Gemüse und natürlich Whisky, Wein und zig Dosen Bier aus dem Liquor Store. Schließlich ist diese Yukon Kälte angeblich sehr trocken und da möchte man abends nicht unbedingt nach einem harten Urlaubstag verdursten.

Die Fahrt zu Williams Kennel ging schnell vorbei. Erst ein paar Kilometer auf dem Alaska Highway dann in Richtung Carcross abgebogen und nach ca. 50 km kurz vor dem Emerald Lake sind wir am Ziel.
Stürmisch begrüßen uns die Huskys und ich spüre wie mein Puls höher zu schlagen beginnt beim heulen der Hunde und dem Anblick in welch herrlichen Tal wir hier gelandet sind.

Als wir vor unserer Blockhütte hielten dachte ich als erstes das wäre nur ein Geräte Schuppen…Mensch Paulchen aufwachen heißt es, ich war ja nicht mehr in meiner 90qm Wohnung mit Parkett, großer Badewanne und Farbfernseher sondern ich bin hier im Yukon im Busch!!! Leider war ich etwas „verwirrt“ wie klein unsere Blockhütte dann doch war und konnte mir noch nicht so recht vorstellen hier 3 Wochen zu leben.
Vor allem als unsere 6 Gepäckstücke drinnen standen war ich der Verzweiflung nahe. Wohin bloß mit unserem ganzen Krempel….

Doch erst mal wurde ein Bier und ein Whisky getrunken und siehe da innerhalb von einer knappen Stunde hatten wir alles bestens verstaut und plötzlich wich alle Spannung von mir und ich fühlte mich endlich angekommen.

Später kam William noch rüber zu uns und wir verbrachten einen recht gemütlichen Abend in der nun plötzlich größer wirkenden Blockhütte.
Leider hatten wir unwissend etwas zu viel Holz in diesen berühmten Yukon Ofen gelegt und so war in der ersten Nacht an Schlaf nicht so recht zu denken. Unsere Betten lagen oben im „Dach“ wo es am wärmsten war und ich musste öfters mal die Tür öffnen um den Schweiß zu trocknen der uns in Strömen den Rücken runter lief.
Irgendwann schliefen wir dann doch ein, müde aber restlos Glücklich dieses hier und jetzt erleben zu können.
So endete unser erster Tag vom Blockhütten Abenteuer.


3. Tag
01. März 2006

-31°C schon wieder eine Rekordtemperatur als ich heute Morgen um kurz nach 7:00 Uhr vom heulen der Huskys geweckt wurde. Mögen jetzt manche Leute denken dass 70-80 Huskys nicht nur heulen sondern dieser Lärm richtig laut sein kann und Stress pur bedeutet, so kann ich diesem nur widersprechen.
Stress für mich bedeutet wenn die Nachbarn zuhause in Deutschland morgens um 5:00 Uhr die Rollläden mit lautem Gepollter rücksichtslos hochziehen um dann erst gegen 10:00 Uhr sich auf dem Balkon zu zeigen. Oder nachts um 3:00 Uhr laute Musik hören aber Tagsüber keinen Bock auf Arbeit haben….armes Deutschland….

Klar mag ich die Ruhe und Stille, aber wie ja bekannt ist empfindet man Lärm subjektiv. Niemals hätte ich mir aber tatsächlich vorstellen können das der Lärm bzw. das heulen der vielen Huskys mir gut tun würde und ich immer wieder hören könnte ohne es als störend oder gar stressig zu empfinden.

Was macht man aber bei -31° C so früh am Morgen? Natürlich erstmal Feuer im Yukon Ofen damit die -12° C die auf 1 m Höhe in der Hütte herrschten wieder auf angenehmere Temperaturen kommen. Danach Kaffe und Tee kochen, Radio einschalten um den Sender aus Whitehorse zu lauschen mit toller Country Musik und den neuesten lokalen Nachrichten was hier im Busch so abgeht.
Ein Blick nach draußen zeigt blauer Himmel, die umliegenden Berge strahlen in einem tollen Morgenrot und den Platz umgibt ein Nebelschleier oder besser Morgendunst welcher ihn in eine tolle Stimmung versetzt.

Nachdem das Abendessen gestern recht knapp ausgefallen war schmeckte uns das Frühstück umso besser. Kaffee, Tee mit Rum, Toastbrot direkt vom Yukonofen, Speck, Schinken, Honig, Butter, Käse…ja besser hätte es nicht riechen oder schmecken können. So könnte ein richtig harter Tag im Yukon im Busch beginnen. Nun aber wollten wir nicht gleich am ersten Tag Berge versetzen und so besuchten wir am Vormittag erstmal die vielen Huskys um diese einmal näher kennen zu lernen.

Zwar war das heulen und bellen recht laut und hörte sich gefährlich an. Aber diese Hunde sind so was von zutraulich und lieb so dass selbst jemand der Angst bzw. recht viel Respekt vor Hunden hat sich schnell mit diesen lustigen Vierbeinern anfreunden kann.
Und natürlich möchte jeder der Hunde sich schnell beliebt machen und versucht die Sympathie der Besucher zu beeinflussen.
Danach besuchten wir William in seinem Blockhaus, das er mit eigenen Händen gebaut hat und waren stark beeindruckt wie harmonisch so ein Blockhaus doch auch von innen mit seinen großen offenen Räumen wirken kann.

So lernten wir auch Peter kennen der als Dog Handler beim Yukon Quest 2006 Williams Team mit betreut hatte.
Nun eigentlich sollten wir schon längst unterwegs sein zu einem See auf dem wir mit den Motorschlitten einen Trail spuren sollten damit die Huskys besser laufen können. Ein Kamera Team von ARD wollte dort einen Film drehen über einen Dog Musher aus dem Yukon. Dass dieser See ausgerechnet dann der Tutshi Lake ist freute mich ganz besonders da wir mit Karin knapp 2 Jahre vorher am Ufer dieses Sees standen und jenes Panorama ganz besonders gemocht haben. Der Tutshi Lake erstreckt sich über mehrere Kilometer und man hat den Eindruck dass da ein See mit dem nächsten verbunden ist und sich unendlich lang am South Klondike Highway entlang schlängelt.
Kurz nach dem Mittagsessen, ja vom nichts tun kriegt man auch Hunger und Chili mit Bohnen schmeckt immer und ist schnell zubereitet, ging es dann endlich los.

Mit einem Pickup fuhren wir der Filmcrew hinterher und hielten immer wieder mal an um die Kameraperspektive zu besprechen. Das Wetter war zwar nicht ganz so toll, Wolken verdeckten die Sonne und ein leichter Wind machte den Aufenthalt draußen nicht besonders angenehm. Jedoch freuten wir uns auf den nächsten Tag wenn es dann endlich mit den Skidoos losgehen sollte. Auf dem Rückweg halten wir kurz in Carcross an um Mineralwasser zu kaufen und fahren dann weiter bis zum Emerald Lake der im Sommer so wunderbar mit seinem türkis leuchtendem Wasser den Besucher erfreut. Nun lag dieser zugedeckt mit einer Eisschicht so als wolle er seinen Zauber verbergen bis das der Frühling hier alles wieder zum leben erweckt.

So kehrten wir nun doch etwas müde zur Blockhütte zurück, schürten vorsichtig das Feuer im Ofen um nachts nicht wieder Sauna Temperaturen zu haben. Wir genossen das Blockhütte Leben auch ohne heute großartig was gemacht zu haben. Schließlich war das Ziel unserer Reise nicht Hektik und Stress sondern nur das tun müssen worauf wir gerade Lust hatten. Also kein vorgefertigtes Programm sondern individuell nach unseren Wünschen zusammengestellt. Mag jetzt bestimmt nicht jedermanns Sache sein aber es war genau die Art „Urlaub“ wie ich es mir vorgestellt hatte. Relaxen und vom alltäglichen Stress runter kommen war mein Wunsch gewesen.

Nun lümmelten wir fast schon im Halbschlaf in der Hütte vor uns hin und wäre nicht William zu uns rüber gekommen hätten wir den Abend verpennt.
So erzählt er uns bei einem Bier und Whisky vom Leben hier im Yukon von den alltäglichen Dingen die man hier so erleben kann. Wir lauschen interessiert denn William ist ein guter Erzähler. Bei seinen Schlittenhunde Rennen ist er viel herum gekommen und hat so einiges erlebt.
Auch meint er dass in der vergangenen Nacht ein tolles Nordlicht zu sehen war und sogleich beschließen wir später uns auf die Lauer zu legen mit unseren Kameras.
Und tatsächlich kurz nach Mitternacht beginnt ein kleines Flackern am Himmel das sich dann langsam in ein leuchtendes Nordlicht verwandelt. Zwar nicht so spektakulär wie erhofft aber immerhin unser erstes „Northern Light“.
Kurz nach 1:00 Uhr Nachts machen wir Feierabend denn draußen sind es -28°C und die Müdigkeit ist dann doch stärker als der Wunsch ein schönes Nordlicht zu sehen.


4. Tag
2. März 2006

Ganz besonders gut haben wir geschlafen, auch wenn die Nacht recht kurz war aber zum Glück in unserem „Schlafzimmer“ im Dach der Hütte erträgliche Temperaturen herrschten. Lediglich gegen 5:00 Uhr morgens spürte man die Kälte da der Ofen mittlerweile aus war.
Jedoch eine kleine Restglut war vorhanden und so musste ich lediglich ein paar gespaltene Holzstücke in den Ofen legen und Minuten später prasselte ein gemütliches Feuer und wärmte die Hütte einigermaßen wieder auf.

Um 8:00 Uhr bin ich dann endlich aus dem warmen Schlafsack raus denn die Hunde bellten und heulten wie verrückt. Das musste ich mir einfach ansehen.
Nebenbei setzte ich die Teekanne auf den Ofen um Wasser heiß zu machen für den Kaffee und Tee. Also als erstes gab es immer eine Tasse heißen Pfefferminztee mit Zitrone und Rum danach zum Frühstück einige Tassen Kaffee.
Knapp eine Stunde später ist auch Andreas aufgestanden und sofort ging es mit hungrigen Mägen zum Frühstücken. Dieses mal Toastbrot mit Knoblauch eingerieben dazu Leberwurst Käse und weitere leckere Sachen.
Frisch gestärkt konnten wir von mir aus auch -50°C draußen haben….

William holte aus Whitehorse noch schnell ein weiteres Snowmobil das er kurzfristig und günstig erworben hatte und so konnten wir erst gegen 13:00 Uhr starten. Vorher mussten wir dem neu gebraucht gekauften Skidoo mal wieder zum Leben erwecken denn die Kiste sprang nicht sofort an. Benzin und Öl nachfüllen, die Gelenke fetten usw. und alles lief wie geschmiert.
Schnell verladen wir die 3 Skidoos auf einen Anhänger und schon starten wir mit Williams Truck zum Tutshi Lake. Ja dieser Truck hatte eine defekte Tachoanzeige und so wusste ich nie genau wie schnell wir auf der zum teil recht glatten Straße unterwegs waren.

Endlich waren wir angekommen, gute 20 km gefahren bei traumhaften Wetter, Sonne pur kein Lüftchen war zu spüren und doch war es bitter kalt. Schnell entluden wir die Maschinen und fuhren eine steile Uferböschung zum See hinunter. Mit leuchtenden Augen begannen wir den Trail zu spuren denn das war Spaß pur hier auf diesen zugefrorenen See zu fahren.
Bisher hatte ich noch nie auf einem Skidoo gesessen oder gefahren und wunderte mich das alles so einfach zu lenken und fahren war. Doch in den darauf folgenden Tagen sollte ich noch Blut und Wasser schwitzen vor lauter Anstrengung mit diesen verdammten Maschinen.

Der Trail für die Schlittenhunde führte über eine vorher genau festgelegte Route damit morgen beim Filmdreh keine unnötigen Spuren zu sehen sind. Wir hielten immer wieder an und genossen diese Traumkulisse und ich wünschte mir Karin wäre jetzt auch hier um dieses erleben zu können. Immer wieder hatten wir Gelegenheit Fotos zu machen, ein Film nach dem anderen füllte sich bzw. die Speicherkarte der Digicams. Leider hielten die Akkus der Digitalen Kameras nicht lange, täglich mussten sie wieder aufgeladen werden. Zum Glück hatten wir mehrere Batterie Packs dabei. Den ganzen Urlaub über hatte ich mit der Spiegelreflex Kamera keine Batterie Probleme und verbrauchte nicht mal einen Satz Batterien in den 3 Wochen.
Als der Trail fertig war fuhren wir weit zum hintersten Teil des Sees und hier konnten wir nach Herzenslust über den See brettern was die Skidoos hergaben. Und so kamen wir schnell auf Geschwindigkeiten von 80-90 km/h!!!
Langsam sankt die Sonne über die Bergrücken und blitzschnell wurde es eisig kalt trotz warmer Kleidung.

So kehrten wir müde aber voller neuer Abenteuer in unsere Blockhütte zurück. Dort musste natürlich erst wieder Feuer gemacht werden obwohl es noch nicht richtig kalt in der Hütte war. Vor dem wegfahren hatten wir 2 dicke Holzklötze in den Ofen gelegt die bisher noch nicht ganz verglüht waren.
Zum Abendessen gab es Bratkartoffel mit Zwiebel und Caribou Würste die William uns gegeben hatte und die aus eigener Produktion stammten. Nun ja war ein neuer Geschmack aber nicht zu verachten. Eigentlich sogar recht lecker schmecken diese Würste nur für meinen Geschmack nicht kräftig genug gewürzt. Ich koche nämlich selber mit großer Leidenschaft und mag gerne deftige Speisen mit viel Würze. In unseren Kochtopf gelangen immer wieder die gleichen Gewürze von Majoran, Oregano, oft auch Knoblauch, Schnittlauch, Bohnenkraut, Thymian und ganz besonders gerne scharfen Chili und zusätzlich fast zu jeder Mahlzeit auch Tabasco.

Später schauten wir uns in Williams Blockhütte das Videomaterial an das wir heute beim Skidoo fahren gedreht hatten und laden die Akkus der Kameras wieder auf. Die Hütte wird von einer eigenen Energie Quelle versorgt, eine Windrad und Solarzellen erzeugen genug Strom um alle notwendigen Geräte damit zu betreiben. Und Feuerholz gibt es auch in Hülle und Fülle. Ein Traum bei den Energie Preisen die in Deutschland herrschten. Besser noch fast als 6 Richtige im Lotto.

Nun lernten wir auch Catherine kennen, Williams Freundin die auch Schlittenhunde Rennen fährt und eine begeisterte Musherin ist .Nach einem Bier laufen wir wieder zu unserer Hütte zurück, es ist kurz vor Mitternacht.
Draußen ist es noch nicht ganz so kalt, nur -25°C als dann 0:00 Uhr der 03. März 2006 anbricht mein 36. Geburtstag.
Da Andreas schon schläft feiere ich alleine in den frühen Tag hinein, trinke einen guten Whisky (Marke Gibsons - sehr zu empfehlen) und ein Bier dazu und gehe nach draußen vor die Hütte um diesen unglaublichen Sternenhimmel zu betrachten. Da funkelt und flackert es milliardenfach, man kann sich nicht satt sehen an dieser herrlichen Darbietung. Ich bin sehr dankbar dieses hier erleben zu dürfen aber vermisse in gleichen Augenblick doch sehr meine kleine Familie.
Dieses war mein aufregendster Geburtstagsbeginn den ich jemals erlebt hatte…ganz alleine draußen in der Wildnis irgendwo im Yukon und die Nordlichter tanzten schweigend dazu. Ab und zu meldete sich einer der Hunde mit einem leisen heulen, so als würde er sich beschwerden das ich ihn geweckt habe durch meine Schritte die im harten Schnee recht laut teilweise knirschten.
Ach übrigens heute ist ja auch mein 3 Hochzeitstag, da wir am 03.03.03 an meinem 33. Geburtstag geheiratet haben. In Gedanken wünschte ich meiner Frau alles Gute und das wir hoffentlich bald mal gemeinsam hier im winterlichen Yukon stehen mögen.


5. Tag
03. März 2006
08:30 Uhr ist es als ich endlich mich dazu entschließe den warmen Schlafsack zu verlassen um einen Blick nach draußen zu werfen. Kalt ist es -29°C haben wir und schnell mache ich Feuer im Yukonofen um dann wie üblich meinen Tee mit Rum, Honig und Zitrone zu trinken.
Aus dem kleinen Radio das wir aus Deutschland mitgebracht haben ertönt Country Musik und ich bekomme von Andreas ein Geschenk überreicht das Karin ihm mitgegeben hatte. Etwas überwältigt von den Gefühlen so weit weg von meiner lieben Frau und Sohn zu sein beschließe ich telefonisch mich zuhause zu melden um mich für die Geburtstags Geschenke zu bedanken.
Es tut gut die kleine aufgeregte Stimme von Björn und natürlich Karin zu hören. Ich habe das Gefühl nie wieder ohne die beiden wegfahren zu wollen…

Gegen 11:00 Uhr sind wir dann losgefahren, mit einem etwas älterem Pickup der seine besten Tage schon hinter sich hatte aber einen tadellosen Motor, selbst bei -30°C sprang er gleich beim ersten Versuch an!!!
Wieder ging es auf dem South Klondike Highway in Richtung Skagway zum Drehort wo wir nach einer knappen halben Stunde Fahrt angekommen sind. Leider verhüllten Wolken den Himmel und auch die Sicht auf die Berge war dadurch eingeschränkt.
Da wir nur zugucken konnte wie die Kameraleute alles aufbauten, William die Hunde fertig machte damit Mike seine Runden drehen konnte wurde uns bald etwas langweilig.
Also schnappten wir uns den Pickup und fuhren so 50 km in Richtung White Pass um uns die Gegend anzusehen. Kaum einige Kilometer gefahren sahen wir 2 Luchse am Straßenrand im Schnee sitzen, die sich von unserem Auto überhaupt nicht gestört fühlten. Wir machten ein paar Fotos bis die Luchse wie von Geisterhand plötzlich im Gebüsch verschwunden waren.

Je näher wir den Pass kommen umso mehr Schnee liegt hier oben, ungefähr 1,5 m im vergleich zum Tal nur ca. 60 cm. Auch die Straße wurde immer glatter obwohl sie vom Schnee geräumt war lag immer noch eine Eisschicht fast über die ganze Fahrbahn.
Deswegen beschlossen wir dann doch umzukehren nicht das man uns vielleicht doch brauchen oder vermissen würde. Auf der Rückfahrt zum Tutshi Lake verbesserte sich das Wetter mit jedem Kilometer und Sonne pur begrüßte uns am Drehort.
Geplant hatten wir mit dem Flugzeug der Filmcrew eine Runde mit zu fliegen aber die hatten ihren Dreh noch nicht abgeschlossen. So konnten wir den Yukon nicht von oben fotografieren um auch mal den Chilkoot Pass zu sehen, den Trail den die vielen Goldgräber im Winter zu Fuß mit Tonnen von Ausrüstung hoch gelaufen sind auf der Suche nach dem Gold am Klondike.

Mittlerweile war es 16:00 Uhr geworden und so machten wir uns mit Andreas auf die Heimfahrt. Immer wieder hielten wir mal an um die tolle Bergkulisse zu bewundern und dieses mit unseren Kameras festzuhalten. Einen kurzen Stopp machten wir auch am Viewpoint von Bove Islands wo man eine tollen Blick auf den jetzt zugefrorenen See hatte der in der abendlichen Sonne in bezaubernden Farben leuchtete.
Zum Abendessen gab es Bratkartoffel mit Speck und Spiegeleier, aber fast hätte das Essen ausfallen müssen da Andreas mal wieder genervt hatte. Ist nicht einfach auf so kleinem Raum miteinander auszukommen da jeder von uns immer wieder mal sein Recht durchsetzen wollte. Da mag man sich vorstellen wie die Männer am Klondike in der Goldrauschzeit den ganzen Winter in einer kleinen Blockhütte miteinander auskommen mussten…

Später kamen dann William und Matthias rüber in unsere Hütte um meinen Geburtstag mit ein paar Bier, Whisky und Wein bis spät in die Nacht zu feiern.
Erst gegen 1 Uhr am Morgen war endlich Schluss denn um 3:30 Uhr mussten wir schon wieder aufstehen um nach Haines Junction zu fahren.


6. Tag
04. März 2006

Ganze drei Stunden Schlaf bekamen wir in dieser Nacht als kurz vor halb vier Uhr morgens die Hunde draußen zu laut wurden. Matthias der am „Silver Sled Dog Race“ teilnehmen wollte packte schon seine Sachen zusammen fütterte die Hunde denn um 4 Uhr wollten wir losfahren.
Auch William und Catherine waren schon wach da Catherine auch am Rennen teilnehmen wollte, genauso wie Mike den die Filmcrew begleitete.
Andreas und ich waren somit offiziell Doghandler von Matthias und Mike. Das heißt wir durften den Mushern beim einschirren der Hunde helfen, die Hunde füttern den Dreck kehren alles was so an Arbeit anfällt.
Jedoch kam ich nur schwer in die Gänge denn ich hatte einen Mordskater von meiner gestrigen Geburtstagfeier…

Schnell suchte ich meine Sachen zusammen kochte einen starken Kaffee und Tee. In die Kühlbox kamen doch noch ein paar Brötchen, Bananen und Bier rein, natürlich auch der Whisky obwohl sich mir beim Anblick der Flaschen der Magen drehte. Da wir aber am Kluane Lake in Silver City übernachten werden sollten wir uns auch was zum trinken mitnehmen für die Feier die am Abend mit den Mushern stattfinden sollte.

In Whitehorse tankten wir noch schnell und holten uns „Chicken Fingers“ (Hähnchen) und einen Kaffee bei Tim Horton`s Imbiss und schon waren wir mit Matthias auf dem Alaska Highway, bei -25°C Außentemperatur.
Pechschwarze Nacht und nur vereinzelte Sterne zeigten sich, aber mir war sowieso nicht nach mehr zumute denn ich versuchte krampfhaft wieder nüchtern zu werden. Zum Glück saß Matthias am Steuer und erzählte uns so seine Story, warum er hier im Yukon lebt und sein Leben dem Schlittenhunde Sport verschrieben hat und es in Deutschland ihm nicht mehr gefallen hatte.
So verging die Fahrt bis Haines Junction dann doch recht schnell und als wir gegen 7:00 Uhr früh dort angekommen sind tauchte die gerade aufgehende Sonne die Berge rings um Haines Junction in ein bezaubernd schönes Morgenrot. Mensch hier könnte ich es mir vorstellen zu leben dieses war ein Platz genau so wie in meinen Träumen, klein, verschlafen aber mitten in einer herrlichen Natur gelegen fast wie im Märchen schön. Nun gut, vom träumen wird man nicht satt und Arbeit müsste man schon auch haben. Am besten wäre ein toller Gewinn im Lotto um dann seinen Träumen hinterher zu jagen. Oder man arbeitet hart ein paar Jahre dafür und wandert dann mit dem ersparten nach Canada aus, wäre auch eine Möglichkeit.

Um 10:00 Uhr war Startzeit für das „Silver Sled Dog Race“ und die verbleibende Zeit bis dahin ging schnell vorbei. Hunde raus aus den Boxen, füttern, Fotos machen von den Mushern welche teilweise auch beim Yukon Quest Rennen mitgefahren sind und einfach genießen das man endlich mal selber live bei einem Schlittenhunde Rennen dabei sein kann. Wie lange hatte ich ja von so etwas geträumt, aber mir nie wirklich vorstellen können selber hautnah dabei zu sein. Der Platz war erfüllt von dem Lärm der aufgeregten Hunde, Musher und ihre Helfer laufen hin und her fast wie in einem Ameisenhaufen. Man merkt die Spannung wie sie steigt bei den Mushern und die Hunde spüren das sie gleich losrennen dürfen.
Aufgeregt zerren sie an ihren Ketten und können es kaum erwarten bis es nun verdammt noch mal losgeht.

Als alle Teams gestartet sind fahren wir dann mit unserem Truck langsam in Richtung Kluane Lake. Immer wieder halten wir jedoch an, denn das Wetter ist traumhaft schön und die Berge liegen zum greifen nah und laden zum fotografieren ein. Eine Vielzahl von Motiven bietet sich den Kameras an und wir kommen teilweise nur im Schneckentempo voran. Was soll`s, wir haben ja schließlich Zeit denn die besten Teams werden so um die 4 Stunden für die 50 Meilen bis nach Silver City brauchen.

An einem schönen Parkplatz machen wir eine halbe Stunde Pause essen ein Brötchen und trinken Kaffee. Der Alaska Highway liegt einsam daneben nur ab und zu fährt ein Truck vorbei. Ich wundere mich das man diesen Highway mit allen Mitteln auch im Winter von Eis und Schnee freihält was nicht immer einfach ist wenn immer wieder mal ein Schneesturm die Straßen zuweht.
Irgendwann treffen auch wir in Silver City ein, einer alten Goldgräber bzw. Silbergräber Stadt direkt am Kluane Lake gelegen. Nachdem wir den Truck auf den zugewiesenen Platz abstellen bereiten wir alles für die bald ankommenden Hunde vor. Heißes Wasser holen, Fleisch darin auftauen usw.
Danach holen wir uns „Hot Dogs“ also keine heißen Hunde sonder heiße Würstchen Wiener Art und bauen uns eine Bank aus dem festen Schnee wo wir uns genussvoll zurücklehnen und die warmen Sonnenstrahlen genießen.

Als alle Teams eingetroffen sind lernen wir den einen oder andern auch persönlich kennen, es sind auch einige Deutsche und Schweizer dabei. Man erzählt woher man herkommt und wieso gerade Yukon, William, Schlittenhunde und vieles mehr. So vergeht die Zeit recht schnell und der Kaffee ist bald alle und wir genießen nun auch das erste Bier draußen bei den Hunden. Obwohl ist recht kalt ist bleiben die meisten draußen da dieses Panorama hier am Kluane Lake unbeschreiblich schön ist und keiner weiß wann wir wieder mal hier sein können.

Am Abend treffen wir uns alle in einem Lokal wo auch eine „Original Yukon Band“ supertolle Country Songs spielen. Es sind Balladen die von dem harten Leben im hohen Norden, dem Yukon erzählen, von Glück und Leidenschaft, Sehnsucht und Leid. Mit Gitarre, Fidel, Bass und Geige geben die Musiker wirklich ihr bestes und das klang wahrhaftig sehr gut. Es passte alles so wunderbar zusammen hier, die freundlichen Menschen die auch Fremden gegenüber so herzlich aufgeschlossen sind, all die Musher die nach dem Rennen Erfahrungen und Erlebnisse austauschten. Und dann diese wunderbare Musik dazu, hätte ich das alles nur geträumt….es hätte nicht schöner sein können. Auch gab es Kaffee und Kuchen kostenlos und fast hätte ich das späte Mittagsessen vergessen zu erwähnen dass diese wunderbaren Menschen für die Musher und deren Helfer, also Doghandler wie wir, zubereitet hatten. Alles freiwillig und auf eigene Kosten, ich hatte fast schon ein schlechtes Gewissen mir dabei den Bauch voll zu schlagen.

Immer wieder gehe ich nach draußen, in dieser klaren bitterkalten Nacht ist ein gewaltig schöner Sternenhimmel zu sehen. Denn kein Baum oder Berg hindert den Blick zum Himmel empor.
Die Berge liegen weit auseinander, der Kluane Lake ist ein breiter großer See und nur noch ein Northern Light wäre die Krönung für den heutigen Tag gewesen.
Leider hatten wir dieses Glück dann doch nicht und so war dann gegen 23:00 Uhr „Feierabend“ als ich meinen Schlafsack in der Waschküche ausbreitete. Denn die andern Betten waren alle schon belegt, aber das machte mir nichts aus denn ich war sowieso Hundemüde und froh meine müden Knochen einfach nur ausstrecken zu können.
Wieder ging ein Tag zu Ende wie er schöner nie hätte sein können.


7. Tag
05. März 2006

Ausschlafen konnte ich heute Morgen leider dann doch nicht da einzelne Musher schon ab 6:00 Uhr heißes Wasser aus der Waschküche holten um die Hunde zu füttern.
Also raufte ich mich zusammen und kroch gegen halbe sieben aus meinem Schlafsack, packte meine sieben Sachen zusammen und machte mich auf den Weg in die Küche.
Der Kluane Lake und die umliegenden Berge leuchteten in einem tiefen blauen Schimmer die den Morgen ankündigten. Und die Sonne mit ihren warmen Strahlen sobald sie die Bergrücken überwunden hatte wärmte uns sofort etwas auf so dass ich den Eindruck hatte hier und jetzt an einem der wunderbarsten Plätze auf dieser Erde verweilen zu dürfen.

Nach einem etwas seltsamen Frühstück wo es Kaffee light gab also verdünnten Kaffee und dann Toastbrot mit Würstchen und Ahornsirup…Da wurde mir gleich fast schon schlecht bei dieser Kombination weil für mich Würstchen immer nur dann schmecken wenn da Senf mit Ketchup oder Meerrettich dabei ist. Egal, die Köchin gab sich jedenfalls beste Mühe um die hungrigen Musher zu versorgen.

Um 8:00 Uhr war dann der Start des Rennens wo im 2 Minutentakt die Musher ihre Schlittenhunde auf die verbleibenden 50 Meilen bis nach Haines Junction lenkten.
Wir tranken noch einen warmen Kaffee nachdem das letzte Team verschwunden war und machten uns mit dem Truck auf den Weg auf dem Alaska Highway. Bevor wir allerdings wieder nach Haines Junction fuhren zweigten wir erstmal für einige Kilometer weiter am Kluane Lake bis zum Congdon Creek Campground an dem wir 2 Jahre zuvor mit Karin übernachtet haben.
Schnell machten wir noch ein paar Fotos und dann ging es wieder zurück nach Haines Junction.
Um die Mittagszeit waren auch die ersten Musher angekommen und Matthias wurde zweiter in der heutigen Wertung. Wir versorgten die Hunde und nachdem auch die letzten Teams angekommen waren trafen wir uns alle zur Siegerehrung im Gemeindesaal.

Erst einmal wurde aber wieder ein super leckeres Essen serviert, ein Büffet das die Einwohner von Haines Junction zubereitet hatten wofür ich mich auf diesem Wege bedanken möchte.
Ich finde es wirklich super toll wie sehr diese Menschen sich bemühen auch für ein nicht so berühmtes Rennen wie das Yukon Quest und dafür doch ihr bestes geben.
Nach dem Essen dann die Siegerehrung und so kamen wir erst gegen 17:00 Uhr endlich los um uns wieder auf den Heimweg auf dem Alaska Highway zu machen.
Eine atemberaubende Landschaft bot sich unseren Augen und ich konnte mich an dem herrlichen Bergpanorama gar nicht genug satt sehen.
Am liebsten hätte ich mir gewünscht eine halbe Ewigkeit möge diese Reisedauern…nie mehr enden wollen.

In Whitehorse hielten wir nur kurz zum tanken und einen Kaffee holen und schnell fuhren wir die letzten paar Kilometer bis zu unserer Blockhütte die William schon netterweise vorgeheizt hatte.
Müde aber mit unbezahlbaren Erlebnissen reicher öffnete ich mir dann kurz nach 20:00 Uhr ein Bier und einen Whiskey in der warmen gemütlichen Blockhütte. Mit William und Andreas saßen wir noch bis kurz vor Mitternacht zusammen und ein jeder berichtete über seine Eindrücke vom Wochenende und was wir in den nächsten Tagen machen wollten.
Doch irgendwann fielen meine Augen zu und ich war froh als ich endlich in meinem Bett lag und schlafen durfte.


08. Tag
06. März 2006

Heute Nacht habe ich sehr gut geschlafen und die fehlenden Stunden Schlaf bestimmt wieder aufgeholt die in den letzten Nächten verloren gegangen waren.
Gut gelaunt kochte ich schon um 7:00 Uhr Kaffee bereitet unser Frühstück vor während Andreas noch im Land der Träume weilte. So genoss ich die Ruhe und Stille an diesem Morgen, betrachtete die Huskys draußen die sich immer wieder durch ein leises winseln und jaulen bemerkbar machten. Bis sie endlich so etwa gegen halb neun auch ihr Frühstück von den Mushern erhalten haben. Mensch war die Meute dann laut geworden, urplötzlich stürmten sie alle aus ihren Hütten und bellten aufgeregt vor Freude auf das bevorstehende Fressen.

Irgendwann kam auch Andreas zum Frühstück und danach sollte auch gleich unser Skidoo Abenteuer beginnen.
Heute wollten wir zum Caribou Mountain hochfahren um da ein paar tolle Fotos aus der Umgebung zu machen.
Zuvor hatte ich von Williams Haus noch schnell nach Deutschland telefoniert und mich riesig gefreut mit Karin zu sprechen und auch meinen kleinen Sohn Björn am Telefon plappern zu hören.
Also ging es gut gelaunt an den Start mit den Skidoos: Caribou Mountain…we are coming!!!

Erst fuhren wir ein paar Kilometer im Straßengraben am Highway entlang bis wir dann in einen engen Waldweg einbogen der uns hinauf in die Berge führte.
Bezaubernde Lichtungen und traumhaft schöne Möglichkeiten zum fotografieren ließen uns immer wieder anhalten. Wie gerne würde ich das hier jemanden Daheimgebliebenen zeigen wollen, denn für mich war es unbegreiflich schön dies alles erleben zu können. Diese fast unberührte Wildnis wo man sich uneingeschränkt bewegen konnte ohne überall Vorschriften im Hinterkopf zu haben die einem den Spaß schnell verderben könnten.
Die Piste oder was auch immer das sein sollte war recht hart teilweise und holprig was für uns als ungeübte Skidoo Fahrer nicht einfach war. Und doch hatten wir einen Riesenspaß dabei einfach so mit den Maschinen durch die Berge brettern zu dürfen.

Als wir jedoch den ersten steileren Hang hochfahren wollten tauchten die ersten Schwierigkeiten auf. Immer wieder versanken wir in den Tiefschnee mit den Skidoos weil wir uns nicht trauten mit Vollgas den Hang hinauf zu fahren. Aber William erklärte uns immer wieder dass man nur recht zügig solche Hänge bewältigen kann und dabei mit dem Gashebel nicht zu zimperlich umgehen darf.
Schließlich nach dem 3-4 frei graben aus dem Tiefschnee erreichten wir über einen weiteren flachen Bergrücken den Caribou Mountain.

Der Blick auf die umliegenden Berge war gewaltig, ein Panorama unbeschreiblich schön.
Auch hatten wir eine tolle Aussicht auf unser Blockhütte und Williams Kennel obwohl man dies alles nur als kleine Punkte ausmachen konnte.
Da wir mittlerweile nicht nur blauen Himmel hatten und einen zarten Wolkenschleier ertragen mussten gelangen uns doch ein paar tolle Fotos. William schaffte es ein tolles Panorama zu fotografieren das man auf seiner Website www.yukonexplorer.com bewundern kann.
Wir stärkten uns mit einem heißen Tee, Pepsi aus der Flasche und fuhren dann nach einem knapp 1,5 Stunden Gipfelaufenthalt wieder zurück zu unserer Blockhütte.
Kurz nach 15:00 Uhr erreichten wir den Platz vor der Hütte und der Tacho der Skidoos zeigte eine Tour von fast 47 km an die wir heute durch Wald und Berge gefahren sind.
Mann war ich aber kaputt von dieser Tour, alle Knochen taten mir weh und am liebsten hätte ich heut nur noch relaxt.
Andreas aber wollte unbedingt noch nach Whitehorse fahren und erst nachdem wir bei William duschen konnten fühlte ich mich wieder fit für einen Stadt Besuch.

In Whitehorse landeten wir bei McDonalds wo ich in Deutschland eigentlich recht selten anzutreffen bin. Andreas ist aber ein richtiger Fan davon und so schmeckte der Burger und die Pommes auch mir weit aus besser als zuhause.
Wir tankten den Pickup unseren alten Toyota wieder voll mit Benzin und fuhren dann zum Superstore um unsere Vorräte aufzufrischen.
Ganze 90 Minuten weilten wir in dem Supermarkt und die Kreditkarte glühte mal wieder…
So gelangten wir zum Liquor Store erst 19:30Uhr ganze 30 Minuten zu spät denn dieser hatte schon geschlossen.
Zum Glück hatte ich noch einige Dosen Bier auf Lager…

Wieder daheim bei der Blockhütte besuchten wir am Abend William in seinem Haus der uns seinen neuen Beamer vorführte und mit einer DVD von AC/DC fühlten wir uns bei vollem Sound/Power live dabei bei diesem Konzert.
Danach guckten wir die Fotos von heute auf der großen Leinwand an und waren stolz auf unsere Tour zum Caribou Mountain.
So verging die Zeit wieder viel zu schnell und wieder war Mitternacht vorbei gewesen als wir uns langsam und müde auf dem Weg zu unserer Hütte machten die nicht weit weg mit einem warmen Ofen auf uns wartete. Nicht ohne aber bei jedem 2-3 Schritt anzuhalten einen Blick auf den Sternenhimmel zu werfen und sich wünschen die Zeit möge jetzt einfach stehen bleiben…so schön war es.


09. Tag
07. März 2006



Mit nur knapp -20°C war es an diesem Morgen relativ „warm“ als wir aufwachten. Kein Wunder denn draußen waren dichte Wolken am Himmel und ein Wetterumschwung kündigte sich an.
Wieder war es schon 9:30 Uhr als ich es schaffte Andreas aus seinem Schlafsack zum Frühstück zu bewegen. Ist ja auch nicht einfach jemanden ein Frühstück anzubieten der lieber zum Mittagessen Müsli oder Haferflocken essen würde…
Jedoch hatten wir gestern in Whitehorse richtig leckere Brötchen vom Bäcker gekauft die auch saugut schmeckten, ungewohnt für Kanadische Verhältnisse.
Erst wurde ein halbes Brötchen auf dem Ofen getoastet dann mit Knoblauch eingerieben. Dazu gab es leckere Wurst, Käse, Kaffee, Marmelade und Honig zum Schluss. Ach ja den Tee mit Zitrone und Rum hätte ich fast schon vergessen.
Wir fühlten uns so richtig voll, dabei taten mir die Knochen von der Tour gestern zum Caribou Mountain richtig weh. Auch fühlte ich mich Gesundheitlich etwas angeschlagen und beschlossen so kurzfristig heute einmal nur relaxen und nichts zu unternehmen was „anstrengend“ wäre.

Da sich die schmutzige Wäsche langsam häufte fuhren wir kurzerhand wieder nach Whitehorse zum Waschsalon. Bis die Wäsche fertig war nutze ich die Gelegenheit nach Deutschland mal zu telefonieren da wir eine Telefonkarte gekauft hatten „for long Distance“ und die recht günstige Minutentarife hatte. Ich glaube für die 10 $ Can. Dollar hatten wir 160 Minuten Gespräche frei.
Auch fuhren wir danach kurz zum nahe liegenden Canadian Tire einen Canadischen Baumarkt wo ich mir mein lang ersehnten Leathermen Messer kaufte die leider auch hier nicht viel günstiger waren als in Deutschland. Immerhin ein Preisvergleich in Deutschland zeigte dann später doch für den gleichen Messertyp ein Ersparnis von fast 30 Euro!
Und da wir sowieso beim Shoppen waren kaufte ich für meinen Junior in der Mainstreet ein paar T-Shirts mit Yukonmotive also Bearshirts usw. da glühte die Kreditkarte schon gleich wieder.

In der Blockhütte zurück zeigte ein Blick auf die meine Taschenuhr 16:00Uhr an also Tea Time. Denkste…..erst mal richtig was zum futtern gab es, nämlich die Chicken Fingers mit Potatos die wir aus Whitehorse uns mitgebracht hatte. Nicht zu vergessen obligatorisch ein, zwei Bier aus dem Kühlschrank. Ach den Kühlschrank hatte ich ja noch gar nicht erwähnt.
Also: alle Lebensmittel und Getränke lagerten wir auf dem Boden höchsten in einer Höhe bis zu 0,5 m. Denn da hatten wir meistens eine konstante Temperatur von ca. +8 °C Tagsüber und bis zum Morgen teilweise -10°C in einer Höhe von 1 m. Also das Bier und der Whisky waren immer Eisgekühlt ;-)

Leider fühlte ich mich trotz aller Motivation immer noch nicht wohl und hatte schon ein ungutes Gefühl mir eine Erkältung geholt zu haben. Deswegen versuchte ich mich mal kurz mit dem Gedanken einzuschlafen was ich auch für 2 Stunden schaffte.
Schon fast wieder fit besuchten wir am Abend wieder William in seiner großen Blockhütte wo er uns auf einer 2x2 Meter Leinwand Fotos zeigte die er auf seinen Reisen im Yukon gemacht hatte.
Diese Bilder waren alle supertolle Aufnahmen von einer echt geilen Gegend. Also auch ein richtig kranker Mensch würde beim Anblick solcher Fotos immer wieder gesund werden.

Und so war schon wieder 23:00 Uhr längst vorbei als wir die Tür in unserer Hütte zumachten und hoch in die Betten krochen. Zwar war an diesem Tag nichts Aufregendes erlebt worden aber auch an solchen Tagen findet man Zeit für Gespräche die sonst nicht geführt werden. Man erfährt Yukon News von Menschen die hier leben, man hört von ihren Sorgen von ihren glücklichen Tagen, von ihren Erlebnissen und Begegnungen mit den Nachbarn.
Dabei stelle ich immer wieder fest dass diese Menschen hier ein weitaus zufriedeneres Leben führen als die meisten von uns. Nicht weil sie hier mehr Geld verdienen oder ein größeres Auto fahren. Nein, genau anders rum passiert es hier. Ich hatte den Eindruck dass diese Yukoner mit wenigem weitaus zufriedener sein können als wir mit allen möglichen Sachen hier in Deutschland.

Hier braucht alles ein wenig mehr Zeit ein bisschen mehr Ruhe und Gelassenheit. Und wenn mal etwas nicht passt dann macht man es passend oder wartet besseres Wetter ab.
Natürlich leben die Menschen meistens hier nicht unter besseren oder einfacheren Bedingungen als wir in Deutschland. Aber man meint sie bemühen sich mehr ihr Leben in die eigene Hand zu nehmen und was daraus zu machen, denn sonst hilft ihnen ja keiner.
Hartz 4 oder ähnlich gibt es hier nicht!!!
Da kannst du die Axt in die Hand nehmen und schauen wo du bleibst.


10. Tag
08. März 2006

Nur noch 0°C zeigte unser Thermometer an als ich heute etwas später, so gegen halb neun aufgestanden bin. Draußen schneite es leicht.
Zum Glück fühle ich mich aber etwas besser, zwar nicht 100% fit aber es geht vorwärts.
Wie immer muss ich als erstes den Ofen wieder zum laufen bringen d.h. Holz hacken und spalten und sogleich knistert die Holzscheite im Ofen und eine wohlige Wärme macht sich in der Hütte bemerkbar. Auch riecht es so frisch nach dem neuen Schnee von draußen und das mit dem Geruch von frisch verbrannten Holz vermischt ergibt Gefühle wie Weihnachten als ich noch ein kleiner Bub war.

Nun setze ich gleich das Wasser für Kaffee und eine große Kanne für Tee die bei meinen Wehwehchen helfen soll.
Als es nun schon 09:47 Uhr ist und Andreas immer noch schnarcht drehe ich das Radio etwas lauter denn da läuft wie jeden Morgen tolle Frühschoppen Musik Yukoner Art.
Bevor wir dann doch gemeinsam frühstücken schreibe ich noch schnell einige Postkarten, alle mit dem gleichen oder ähnlichen Text. Ist doch egal denke ich mir weiß doch eh keiner was der andere bekommt. Zurück in Deutschland hat dann leider nicht ein einziger sich für die Postkarte bedankt….na toll beim nächsten Mal gibt es halt keine mehr!

Ja, dann gegen Mittag war es dann endlich soweit. Zum ersten Mal durften wir heute eigene Schlitten mit ja 4 Hunden lenken. Selber unsere eigenen Hunde vor den Schlitten spannen, die Zuggeschirre anlegen und merken wie die innere Spannung wächst.
Die Hunde werden langsam unruhig und merken das hier Amateure am Werk sind. Die andern Dogs die nicht mitkommen dürfen beschwerden sich lautstark durch bellen und reißen an ihren Ketten als wäre der Teufel hinter ihnen her.
William fährt als erster los auf einem Trail der rund um sein Grundstück führt und den die Hunde kennen.
Ich starte als letzter mit meinem Kampfgewicht und mit einem Ruck setzt sich der Schlitten in Bewegung und die Hunde verstummen und ziehen kräftig an meinem Schlitten.

Plötzlich finde ich mich in einem Wald wieder alles passiert fast lautlos und wir gleiten gemütlich den andern hinterher. Ich freue mich das mir das fahren mit dem Hundeschlitten sofort einen Riesen Spaß macht und ich sehr gut damit als Neuling in diesem Sport zurecht komme. Eigentlich hatte ich mir alles viel schwerer vorgestellt, hektischer unkontrollierbare Schlitten, Hunde die durchdrehen u.s.w.
Viel zu schnell vergehen die knapp zwei Stunden und im bald drehen wir wieder ab zu Williams Kennel. Nass geschwitzt vor lauter Anstrengung und Aufregung muss ich mir als erstes trockene Klamotten anziehen damit ich nicht abkühle.

Nach dem Mittagsessen wo wir mal nur ein paar Wienerle warm machten genehmigten wir uns ein kurzes Nickerchen da die Hütte eine gemütliche Wärme ausstrahlte und eigentlich man nur die Augen zu machen brauchte und schon fort war ich.
Die Postkarten haben wir dann auf unserer nachmittags Tour nach Carcross beim Postamt abgegeben und insgesamt für 27 $ Can. Dollar Briefmarken gekauft!
Auch durften wir für William ein Paket und seine Post abholen da es hier keinen Briefträger oder eine Zustellung der Pakete gibt. Eine jeder kommt früher oder später mal beim Postamt vorbei und holt sich seine Post ab. Schließlich kommt hier das Postauto auch nur 2x die Woche vorbei.
Danach fuhren wir kurz zum Carcross Recycling Hof wo man seinen Müll bzw. Abfall der nicht wieder verwertbar ist verbrennen kann. Nun ja ich war ja nicht überrascht aber das man den Müll einfach so in eine Grube werfen kann und hoffen das dieser von alleine sich auflöst ist schon typisch für Canada.
Klar wohnen hier wenige Leute in der Gegend rund um Carcross aber das Müllproblem wird auf die gleiche raue Art gelöst wie fast Weltweit. Wo keine Kontrollen da gibt es auch keine Vorschriften oder auch umgekehrt könnte man meinen. Schade eigentlich dass fast überall in Nordamerika viele Leute sehr wenig für Umweltschutz übrig haben.

Wieder bei der Hütte bekamen wir langsam Hunger und heizten die Bratpfanne mit leckeren Steaks und Bratkartoffel mit Zwiebeln die wie immer in der Pfanne halb verbrannten.
Zum Essen genehmigten wir einen Rotwein aus Canada der recht süffig schmeckte.
Um wieder die Lebensgeister zu erwecken nach dem guten Essen machten wir einen kleinen Spaziergang draußen und besuchten William schon wieder um den Ablauf für den kommenden Tag zu besprechen.
Eisfischen wollten wir unter anderem gehen sowie eine Skidoo Tour zum Montana Mountain wollten wir probieren falls das Wetter mitspielen sollte.
Doch nun müde und auch Gesundheitlich nicht Top Fit waren wir schon bald wieder in unserer Blockhütte und die Minuten vor dem Einschlafen genossen wir am warmen Yukon Ofen.


11. Tag
9. März 2006

Eine unruhige Nacht liegt hinter uns da Andreas die Hütte am Abend zu sehr aufgeheizt hatte.
Obwohl heute Nacht draußen nur 0°C herrschten waren oben in der Hütte bestimmt mindestens +30°C und ich musste zwei mal nachts aufstehen um die Tür zu öffnen und frische kalte Luft rein zu lassen. Jedes Mal mindest 10 Minuten lang…und doch war es herrlich draußen für ein paar Minuten zu verweilen denn es schneite leicht und der Wind wehte einen frischen Duft der nach Winter roch durch die Gegend.

Am Morgen als ich gegen halb neun Uhr aus dem Bett die kurze Treppe runter stolperte und zum Fenster raus guckte lagen gute 10 cm Neuschnee. Es war etwas kälter geworden und der Thermometer zeigte -12°C an, es wehte auch ein kräftiger Nordwind.
Wie immer entfachte ich das Feuer im Ofen als erstes dann war der Kaffee und Tee dran der schnell gekocht war.

Da Andreas wie immer erst später aufsteht genieße ich die Ruhe in der warmen Hütte und schreibe die Erlebnisse der letzten Tage in mein Tagebuch rein.
Das Radio spielt leise einen Country Song und am Fenster neben mir lächelt mich ein Foto von meinem Sohn Björn an. Gestern Abend hatte ich auf der Videokamera eine Kassette eingelegt wo am Anfang noch einige Szenen vom letzten Weihnachten drauf waren mit Björn und seiner Mama. Ich merke dass ich sie schon sehr vermisse.

Aber so gegen 11 Uhr war es wieder mal so weit. Mit 6 Huskys wollten wir heute eine kleine Tour fahren. Das einschirren der Hunde war begleitet von einem lauten Heulen und bellen der Hunde die wie immer eifersüchtig waren und am liebsten alle gleichzeitig von den Ketten los wollten.
Als ich die Schneebremse löste und die 6 Hunde anzogen haute es mich fast vom Schlitten um. Ich bewunderte die Kraft dieser 6 Huskys wie leichtfertig sie den Schlitten durch den Wald zogen und meine 95 Kg Kampfgewicht. Der Unterschied zu nur 4 Huskys ist gewaltig von der Kraft her.
Der Wind war sogar etwas stärker geworden und die Sonne zeigte sich nur zögerlich am Himmel. Und doch bereitet es mir einen Riesen Spaß auf dem gespurten Trail durch den Wald zu fahren mal geradeaus mal im freien Gelände um dann wieder bergauf bergab durch den Wald.
Viel zu schnell ging die Zeit vorbei und schon waren wir wieder bei Williams Kennel angelangt. Andreas hatte es nicht so viel Spaß gemacht, er meinte es hätte ihm zu wenig Krach gemacht im vergleich liebte er mehr das dröhnen der Skidoos.
Bei mir war es genau umgekehrt. Mir lag das mit dem Schlittenhundefahren mehr.

Als der Hunger sich wieder meldete kochten wir uns in der Hütte eine Fertigsuppe dazu Spiegeleier mit Speck und wärmten die Steaks von gestern auf. Lecker….
Nur war der Aufenthalt in unserer Blockhütte heute nicht gerade angenehm denn dieser kräftige Nordwind drückte den Rauch durch den Schornstein wieder teilweise in die Hütte zurück und das brannte in unseren Augen.
Das hielten wir nicht lange so aus und wechselten rüber zu Williams Haus und machten uns einen gemütlichen Nachmittag bei Kaffee und sprachen über Gott und die Welt während draußen der Wind sich langsam zum Sturm entwickelte. Als Catherine auch zum Abendessen kam verzog ich mich in unsere Hütte um mal diesen gemütlichen Raum nur für mich alleine zu haben.

Halb im Dunkeln lagen die Berge ringsumher und auch in der Hütte schimmerte nur eine kleine Kerze. Der Sturm rüttelte nur so an der Hütte aber die war fest gebaut und ich genoss diese unbeschreiblich gemütliche Abendstimmung und hätte mir gewünscht die Zeit für ein paar Tage anhalten zu können. Mir macht es nichts aus alleine zu sein, ich kann mich gut mit mir selber beschäftigen. Das heißt ein gutes Buch zu lesen, die Natur zu beobachten mit all ihren Phänomenen: Sturm, Gewitter, Hagel, Schnee, Sonne und ganz besonders liebe ich den Wind.

Viel zu schnell vergingen diese ruhigen Minuten als Andreas plötzlich mich aus dem träumen in die Wirklichkeit holte indem er kräftig an der Tür zog auf was nicht so einfach war bei dem starken Wind. Er wollte mich abholen da William uns ein paar tolle Fotos zeigen wollte die er im Yukon gemacht hatte sowie bei seinen Abenteuern mit den Hunden.
Lange bleiben wir nicht drüben und so waren wir gegen 22:30 Uhr wieder „daheim“ in unserer Hütte und spielten Karten und tranken einen guten Rotwein bis uns die Augen zu vielen.


12. Tag
10. März 2006

Die Nacht die wir hinter uns haben war schrecklich. Der Wind tobte draußen, also ein richtiger Schneesturm. Das hatte zur Folge dass unsere Hütte in der Nacht voll mit Rauch war.
Beim ersten Mal öffnete ich in der Nacht die Tür nur für ein paar Minuten um zu lüften.
Doch nach 2 Stunde bin ich glücklicherweise wieder aufgewacht denn die Hütte war wieder voller Rauch. Da hätte wir leicht ersticken können und es nicht einmal gemerkt….
Ich holte das letzte Stück Holz das im Ofen noch glühte und warf es raus in den Schnee.
Also lieber vor Kälte zittern als im Rauch zu ersticken dachte ich mir während ich im Schlafanzug und einer Jacke draußen bei -18°C stand und das nachts um 3:00 Uhr.
Nun die Hütte war mittlerweile ausgekühlt und schnell kroch ich in den Schlafsack der mich aber nicht wirklich wärmte.

Um 7:45 Uhr habe ich die Schnauze voll und bin aufgestanden. Bibbernd und zitternd vor Kälte habe ich schnell ein paar warme Sachen angezogen. Ein Blick nach draußen zeigte
-20°C an und der Wind hatte kaum nachgelassen. In der Hütte hatten wir auch fast -20°C und einen kalten Ofen. Ein Feuer hatte ich zwar schnell entzündet aber ich hatte das Gefühl eine Ewigkeit wäre vergangen bis ich die wohltuende Wärme des Ofens spürte. Nicht einmal der heiße Tee mit Rum und Zitrone hatte mich vorher wärmen können.

Unser heutiger Plan war natürlich Wetterabhängig und da dieses nichts Gutes versprach und unsere Tour nach Skagway keinen Sinn bei null Sicht machte fuhren wir nach Whitehorse.
Obwohl ich lieber mit den Hunden unterwegs gewesen wäre um vielleicht mal das fahren mit 8 Hunden zu probieren kam das auch nicht in Frage.
Im Visitor Center gibt es Telefone und da habe ich spontan Karin angerufen die mir erzählte dass in Deutschland auch ungewöhnlich viel Schnee in den letzten Tagen gefallen ist. Hat gut getan ihre Stimme zu hören und auch Björn plapperte in seiner Babysprache im Hintergrund.

In der Mainstreet von Whitehorse kauften wir in den Läden einige Sachen ein, meist T-Shirts für Björn sowie eine DVD über den Yukon Quest und für mich eine Badehose.
Eine Badehooooose???????? Jawohl das war meine erste Badehose die ich nicht im Sommer gekauft habe sondern im tiefsten Winter bei – 23°C.
Denn wir wollten anschließend zu den Takhini Hot Springs fahren um in dem heißen Thermalwasser unser kalten Knochen aufzuwärmen.
Dieses Thermalbad liegt etwa 10 Km außerhalb von Whitehorse etwas abseits vom Klondike Highway.
Vorher kehrten wir noch schnell bei McDonalds ein da Andreas gerne so etwas essen mag…

Also das hat gut getan!!! Außentemperatur -23°C und Wassertemperatur geschätzte +30°C !!! Ungefähr 3 Stunden lagen wir so faul im Wasser herum im Außenbecken das umgeben von tiefen Schnee war bis uns der Hunger zurück nach Whitehorse trieb wo wir im Supermarkt ein fertiges Brathähnchen kauften das wir daheim in unserer Blockhütte verzehrten.
Mittlerweile war es 19:00 Uhr geworden und den weiteren Abend verbrachten wir bei William mit Fotos ansehen Musik hören und ein paar Bier getrunken.
Dabei ist uns aufgefallen das die Hunde draußen unruhig wurden und wir meinten einen Wolf oder Coyoten gehört zu haben der diese Unruhe ins Hunderudel brachte.
Aber es war nur ein streunender Hund den William gestern beim fahren vom Schlitten ausgespannt hatte und der sich aber nicht mehr zurück traute.
Mitternacht war knapp vorbei als wir müde uns zur Hütte schleppten um hoffnungsvoll eine ruhige rauchfreie Nacht zu genießen.


13. Tag
11. März 2006



Schlimmer hätte es nicht kommen können nach der schlaflosen Nacht im Rauch dachte ich. Und doch kam es schlimmer denn dieser verdammte entlaufene Hund machte nicht nur die restlichen knapp hundert Dogs verrückt sondern auch hinderte uns am wohlverdienten Schlaf.
Die ganze Nacht bellten und heulten die Hunde denn sie merkten dass ein Artgenosse frei herum lief und sie es ihm auch gleichtun wollten. An Schlaf war kaum zu denken und so sehnten wir uns den Morgen herbei und waren froh als die ersten Sonnenstrahlen über die Berge krochen.

Heute sollte ja mein großer Tag sein an dem ich an meinem ersten Schlittenhunderennen teilnehmen sollte dem Carbon Hill Race einem kleinen lokalen Rennen. Es gab ein Rennen über 30 Meilen mit 8 Huskys für die erfahrenen Musher und ein 10 Meilen Rennen mit 6 Huskys für Anfänger bzw. Musher die nur ein kurzes Rennen fahren wollten um eventuell junge Hunde zu trainieren.
Nachdem wir die Hunde auf den Truck in ihre Boxen geladen hatten fuhren wir um 9:00 Uhr los in Richtung Whitehorse auf dem South Klondike Highway. Nach knapp 20 Km war die Fahrt schon zu Ende wobei wir selbst bei der kurzen Strecke Angst hatten nicht anzukommen da wir vergessen hatten Sprit in den Tank zu füllen und dieser schon seit vielen Kilometern die Tanknadel im roten Bereich hatte.

Doch wir erreichten unser Ziel und als erstes füllten wir die Anmeldeformulare für das Rennen aus. Andreas wollte nicht mitmachen also war er mein „Doghandler“.
Anschließend gab es dann auch gleich ein Musher Meeting wo die Strecke kurz erklärt wurde und auch die Regeln des Rennens.
Da wir noch eine Stunde Zeit hatten tranken wir Kaffee den man für eine einmalige 1,25 Dollar Spende seine Tasse immer wieder nachfüllen konnte. Auch leckeren Kuchen und Hot Dogs gab es doch ich war recht aufgeregt und hätte keinen Bissen runter bekommen.

10:30 Uhr starteten die ersten Musher im 3 Minuten Takt zum 30 Meilen Rennen.
Wir machten auch meinen Schlitten bereit, die Hunde an die Zugleinen und dann um 11:30 Uhr mit der Startnummer 18 und als dritter der Kategorie 10 Miles Sled Dog Race hieß es für mich:

GOOOOOOOOOOOOOOOOOOOO!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

In diesen Sekunden ging mir so viel durch den Kopf, der armen Hund der uns letzte Nacht nicht Unruhe gestiftet hatte, mein schwerer Kopf der 2 Nächte lang kaum Schlaf bekommen hatte, die Hunde die vor mir wie verrückt an den Leinen zerrten als wollten sie nicht 10 sondern 1000 Meilen mich hinterher schleifen.
Eigentlich war meine größte Sorge vor dem Start das ich vom Schlitten fallen würde vor all den Zuschauern und den doch zum Teil berühmten Mushern die schon am Yukon Quest teilgenommen hatten und anderen großen Rennen. Krampfhaft hielt ich mich am Schlitten fest und als ich die Bremse endlich lösen durfte und die ersten Meter einwandfrei gefahren bin fiel eine Tonnenschwere Last von mir weg… Es war alles gut verlaufen….mit dem Start.

Man stelle sich schließlich vor meine Aufregung, denn bis vor wenigen Tagen war ich noch nie auf einen Schlitten gestanden der von Hunden gezogen wurde und nun hatte ich das Glück nach 2 Testfahrten mit den Schlittenhunden gleich an einem Rennen teilzunehmen.

Gleich nach dem Start ging es auf einem 2 Meter breiten Trail in den Wald hinein der bald alle Geräusche des Rennens verschluckte und ich mir vorkam wie der letzte Trapper auf dem Weg nach Dawson City.
Nie hätte ich jemals davon zu träumen gewagt im Yukon mal mit Schlittenhunde unterwegs zu sein….
Die Sonne blinzelte ab und zu durch die Wolken am Himmel und ich konnte die schnelle Fahrt in vollen Zügen genießen denn der Trail war nicht besonders Anspruchsvoll meiner Meinung nach.
Ein unbeschreiblich schönes Gefühl machte sich in mir breit. Glücklich sein dieses hier zu erleben, stolz darauf ein Hundeteam lenken zu können und bewegt von dieser herrlichen schönen Natur die mir zeigte wie glücklich man sich schätzen kann mit nichts als einem Team und netten Menschen einen wunderbaren Tag zu verbringen. Klar hatte alles auch seinen Preis aber an so etwas denkt man nicht in solchen Momenten. Alles Geld der Welt kann mir keinen glücklicheren Moment bescheren als dieses Gefühl das ich in jenem Augenblick in mir verspürte. Mal abgesehen von meinen zwei Liebsten zuhause.

Nach ungefähr zwei Meilen stand auf einer Wiese ein Markierungspfeil der nach links zeigte aber die Hunde folgten dem Trail nach rechts der auch sehr gut gespurt war aber eine andere Markierung zeigte.
Ich erinnerte mich daran das die Hunde angeblich immer den Team folgen das vorher den gleichen Weg gefahren ist. Aber auf die Idee dass jemand vor mir auch falsch abbiegen konnte kam ich nicht. Also ging es erstmal fast 15 Minuten lang in die falsche Richtung, ein wunderbarer Trail, ich war begeistert…bis ich auf eine Straße kam wo sogar mir als Anfänger klar wurde das diese Straße für Autos und nicht für Hunde gespurt war.
Also musste ich die Hunde wieder auf dem gleichen Weg zurück bringen und so verlor ich wertvolle Zeit. Mittlerweile war die Zeit mir aber egal denn alleine was zählte war der Genuss hier zu sein. Verlaufen konnte ich mich eh nicht ein zweites Mal und prompt fuhr ich dann auf dem richtigen Trail aber in die falsche Richtung.

Erst als Catherine mir mit ihrem Dogteam entgegen kam merkte ich dass irgendwas schon wieder nicht stimmte. Als dann das zweite Team mir entgegen kam wendete ich erneut das Gespann mit den Hunde und natürlich waren alle Leinen voll durcheinander geraten und das mitten auf dem 2 Meter breiten Trail. Wenn mir jetzt bloß keiner entgegen kommen würde.
Zum Glück verlief alles gut auf dem restlichen Weg zurück. Als letzter erreichte ich das Ziel und erhielt dafür die begehrte rote Laterne. Zwar war ich vom Weg abgekommen was bei einem größeren Rennen böse hätte ausgehen können aber der Weg war das Ziel und schließlich bin ich nicht 10 sondern mindest 16 Meilen in 56 Minuten gefahren und deswegen als letzter angekommenJ.

Nach der Siegerehrung und 2 roten Laternen, eine schenkte mir William die er von einer berühmteren Musherin abgekauft hatte ging es wieder nachhause. Kyla war auch als letzte bei den 30 Meilen angekommen und wie ich ebenfalls an der gleichen Stelle falsch abgebogen.
Vorher hatten wir alle noch ein Essen bekommen das die anwesenden Leute mitgebracht hatten. Einige hatten schon vor einer Woche beim Silver Sled Dog Race in Haines Junction mitgemacht und ich war wieder voller Bewunderung wie gut die Leute sich hier organisieren und gemeinsam etwas machen wie dieses Rennen hier.

Abends saßen wir bei uns in der Blockhütte zusammen mit William und Matthias, tranken Whisky und Bier und lachten darüber wie ich so dämlich abgebogen war mit den Hunden und was für einen tollen Tag wir verbracht hatten.
Mitternacht war dann Feierabend und als wir alle nochmals raus gingen vor die Hütte störte kein bellen die nächtliche Ruhe denn der arme Hund war leider in die ewigen Jagdgründe geschickt worden von einem Jäger. Schließlich hätte dieser Hund andere wertvolle teure Tiere dazu bringen können sich von den ketten loszureißen und auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Auch wenn man als Außenstehender diese Entscheidung nicht verstehen kann, nachvollziehbar ist sie schon für mich gewesen.
Was soll’s, das ist der wilde raue Norden, der Yukon!


14. Tag
12. März 2006

Ein bitterkalter Morgen erwartete uns heute mit Rekordtemperaturen von -36°C. Der kälteste Tag seit wir im Yukon in unserer Blockhütte waren. Aber zumindest hatten wir strahlend blauen Himmel und die Sonne blinzelte schon über die Bergrücken des Caribou Mountain und tauchte die gegenüberliegenden Berge in ein bezauberndes Morgenrot.

Schnell machte ich Feuer im Ofen, heizte die Hütte so richtig ein, denn es war selbst auf einer Höhe von ca. 1 Meter bestimmt -15°C!!! Und das in der Blockhütte drinnen.
Bei dieser Kälte versagte sogar unsere Propangas Leitung die von außen aus einer größeren Flasche versorgt wurde.
Einfach alles eingefroren. Zum Glück kann Holz nicht frieren und schnell brachte ich den Teekessel zum kochen und schüttete das heiße Wasser über die Ventile der Propangasflasche, wiederholte die Prozedur noch zweimal und siehe da das Gas wurde wieder flüssig und der Kaffee konnte zubereitet werden.

Während ich draußen hantierte hörte ich William wie er hinter seinem Haus Holz spaltete und kurz darauf quoll dicker Rauch aus dem Schornstein seines Blockhauses der steil nach oben stieg. Dieses war wiederum ein Zeichen für gutes Wetter.
Das sah alles so unheimlich nach einem bezaubernden Wintermärchen aus, fast zu schön um war zu sein.
Also wer den Winter und die Kälte nicht scheut, sollte unbedingt den Winter einmal im Yukon erleben, einfach unvergesslich.
Doch die Kälte ließ mich nicht lange draußen gewähren und schnell war ich in der Hütte und wärmte mich an dem Ofen mit einer Tasse Kaffee in der Hand.

Vor dem Frühstück musste leider noch Geschirr gespült werden und dann erst konnte ich uns ein leckeres Frühstück zubereiten. Spiegeleier mit Bacon, Toastbrot, danach noch ein Marmeladebrot und viel Kaffee.
Schließlich hatten wir heute noch eine außergewöhnliche Tour vor uns, denn es sollte mit den Skidoos zum Montana Mountain gehen.
Diese Tour sollte es in sich haben laut Williams Versprechen und auch recht anspruchsvoll werden. Wie Recht er haben sollte wurde mir erst Stunden später bewusst.
Wegen der extremen Kälte verschoben wir den Start auf 12:00 Uhr denn der Fahrtwind bei -36°C machte das ganze trotz Sonnenschein nur noch kälter. Also die gefühlte Temperatur lag bei ca. -45°C mindestens.

Nachdem wir die Skidoos auf einen Anhänger verladen hatten ging es dann endlich los. Bis Carcross fuhren wir mit dem Truck und den Skidoos auf dem Anhänger.
In Carcross bogen wir dann gleich nach der alten Eisenbahnbrücke links ab und fuhren durch eine Waldschneise hoch in die Berge.
Am Anfang sah alles noch harmlos aus und der Schnee den die Skidoos durch die zunehmende Geschwindigkeit aufwirbelten leuchtete wie Kristalle im hellen Sonnenschein. Unbeschwert und leicht kam mir die Tour vor.
An der Tankstelle in Carcross vergrößerte sich unsere Gruppe, zwei richtige Yukoner im besten Alter also Ende fünfzig gesellten sich zu uns. Es waren alte Bekannte und Freunde von William die sich so eine Tour bei dem Traumwetter nicht entgehen lassen wollten.

Nun, je höher wir kamen um so spärlicher wurde die Vegetation und die Schneedecke dicker.
Es dauerte auch nicht lange bis ich mit meinem Schlitten im Tiefschnee festsaß und die Hilfe der Yukoner in Anspruch nehmen musste. Diese Männer muss ich schon sagen hatten den Dreh raus mit den Skidoos, denen konnte so ein junger Hupfer nicht so schnell was vormachen!
Was bis jetzt alles harmlos abgelaufen war sollte sich nun schnell ändern denn einmal aus dem Wald heraus gefahren öffnete sich eine alpine Landschaft mit anspruchsvollem Gelände.
Für uns ungeübte Skidoo Fahrer war dieses alles andere als Vergnügen und ich gelangte fast an meine Grenzen dessen was ich leisten konnte.
Klar lag das auch an meiner fehlenden Kondition die ich lange recht vernachlässigt hatte. Aber ich würde die Strecke allgemein als nicht die einfachste einstufen.

William hatte uns ja nicht zuviel versprochen und schließlich waren wir hier nicht auf einer Kaffeefahrt sondern wollten etwas erleben. Und das wurde uns hier einwandfrei geboten.
Wie hat er uns öfters gesagt „es muss ein bisschen auch weh tun um das Leben und das Abenteuer zu spüren“!!!
Von Zuhause vor dem Fernseher aus hätte ich nie dieses Gefühl in mir spüren können, wie der Schweiß trotz eisiger Kälte mir den Rücken hinunter lief. Wie meine Augen staunten über Gottes unermessliche Schöpfung und gewaltige Natur die wir hier angetroffen haben, wie mein Rücken schmerzte…und die Muskeln in den Füßen brannten vor Erschöpfung.

So kämpften wir uns teilweise den Weg durch die unberührte Schneelandschaft bei strahlendem Sonnenschein, immer wieder mal anhalten um Fotos zu machen oder einen Schluck heißen Tee zu trinken oder auch Caribous zu beobachten die oben auf den Bergrücken den Schnee aufscharrten um irgendwelche Flechten oder ander Gräser zu suchen.
An einem Berghang der recht steil war, schaffte ich es erst beim zweiten Anlauf hoch zu kommen, was nicht ungefährlich war. Denn das wenden meines Skidoos mitten im Berghang hätte durch einen Sturz oder umkippen leicht böse enden können.

In einem Talkessel auf einem kleinen gefrorenen See war dann Endstation für uns. Denn die letzten Meter bis zum Gipfel waren einfach zu steil für uns.
Auch William schaffte es erst beim zweiten oder dritten Anlauf diesen steilen Berg mit dem Skidoo hoch zu kommen.
Andreas und ich folgten ihm zu Fuß im Nordhang am Montana Mountain.
Leider packte ich in meinen Rucksack viel zu viele schwere Sachen, Getränke als würde ich den Mount Everest besteigen wollen, Kamera Stativ, eine Flache Pepsi...
So kam es das Andreas natürlich in den nächsten 300 Meter bergauf schon 200 Meter vorne weg war. Natürlich war seine Kondition besser und auch machten sich die Flaschen Bier und Whisky der letzten Tage und Wochen bemerkbar. Aber er war ja auch 12 Jahre jünger als ich und in seinem Alter wäre ich ja sowieso den Berg hinauf auf Händen geklettert ….

Die Wanderung im steilen Gelände auf den Berg hinauf verlief sehr langsam da ich bei jedem 4-5 Schritt völlig außer Atem war. Immer wieder musste ich anhalten und mir zugestehen was für ein Schwächling ich abgeben müsste falls mir jemand zusehen könnte.
Zig tausend Mal wollte ich einfach umkehren und auf die Gipfelfotos verzichten aber immer wieder schaffte ich es den inneren Schweinehund zu überwinden. Am meisten motivierte mich aber der Gedanke an meinen kleinen Sohn, für den ich nicht als Schwächling dastehen wollte falls er sich später einmal Papas Touren ansehen wird. Klingt verrückt aber mir hat es in so einem Moment geholfen.
In solchen Momenten wenn vor lauter Kälte die Augenlider zusammen frieren falls man die Augen für mehr als 3 Sekunden schließt.
Da zuckt man gewaltig auf und meint schon Schneeblind zu sein denn ich hatte die Augen nicht mehr aufbekommen. Erst als ich schnell die Handschuhe ausgezogen habe und mehrmals über die Augen strich konnte ich wieder klar sehen.

Währendessen hielt ich öfters an um die alten Herren mit den Skidoos zu beobachten wie diese verrückten lustige Yukoner einen bestimmt 50° steilen Berghang hoch düsten um sich daran zu messen wer die Bergflanke am höchsten erklimmt. Mir wurde schlecht schon alleine vom zusehen….

Den Gipfel erreichte ich dann doch schneller als erwartet, denn William holte mich die letzten Meter auf dem etwas flacheren Plateau mit dem Skidoo ab. Mal ehrlich, ich war richtig froh darüber denn ich war am Ende meiner Kräfte.
Oben angekommen war es dermaßen kalt das mir die Hände steif vor Kälte wurden als ich die Handschuhe auszog um eine Tasse Tee einzugießen.
Doch das Panorama das wir von hier oben hatten übertraf all das was uns William versprochen hatte. Selten hatte ich mich auf einem Gipfel so gut gefühlt, selten hatte ich es mit einem solchen Aufwand geschafft und noch nie im Winter, außer beim Skifahren.
Der Blick reichte über viele Kilometer bis nach Alaska hinein und wir staunten über die Weite des Yukons, die schneebedeckten unzähligen namenlose Gipfel.
Irgendwie fühlte ich mich wie vor 2 Jahren am Kluane Lake abends als ich gemütlcih am Lagerfeuer saß und die leuchtenden Berge in der Abendsonne betrachtete....angekommen. So als wäre meine Seele hier zuhause und ich schon immer hier gewohnt habe...

Nach einem etwa 30 Minuten Aufenthalt oben in eisiger Kälte machten wir uns bereit zum Abstieg der in wenigen Minuten mit dem Skidoo vollbracht war.
Leider war die Talfahrt nach Carcross teilweise schwieriger als die Bergfahrt da unsere Kräfte und Konzentration langsam nachgelassen hatten.
So schaffte ich es z.B. nicht einen Berg hoch zu kommen und William musste mein Gefährt hochfahren wobei dieses sogar umkippte…und ich ein furchtbar schlechtes Gewissen bekam versagt zu haben.
Immer wieder fuhren wir uns in dem Tiefschnee fest und waren unheimlich erleichtert als wir wieder den Trail im Wald fanden der uns fast wie eine Autobahn vorkam.

Was ich aber besonders hervorheben möchte: unsere „Yukoner“ hatten die Talfahrt schon früher angetreten als wir. Als sie aber merkten dass sich unsere Rückkehr verzögert hatte fuhren sie wieder den Berg hoch um zu gucken ob mit uns alles klar wäre.
Meinen Respekt und Dank dafür!!!!!!!!
Denn schließlich wusste ja niemand so genau wo wir uns befanden, Handys funktionieren da nicht und es wurde immer kälter. Eine Nacht am Berg mit vielleicht verletzten Menschen wäre nicht gerade ideal gewesen bei -50°C.

Als wir wieder im Truck saßen mit dem Skidoos auf dem Anhänger war ich verdammt froh alles hinter mir zu haben aber auch richtig begeistert und stolz es geschafft zu haben.
Müde aber glücklich erreichten wir die warme Hütte die vom Sonnenschein und dem letzten Stück Holz aufgewärmt noch nicht ausgekühlt war.
Schnell kochte ich uns eine Suppe mit Wiener Würstchen und bald kehrten unsere Lebensgeister zurück.
Bei William tranken wir später so gegen 20 Uhr einen Kaffee und Whisky und ließen den Tag nochmals in Gedanken verstreichen.
So kehrten wir müde schon gegen halb zehn Uhr in unserer Hütte zurück, wo wir noch ein paar Gläser Wein tranken und Karten spielten bis wir total K.O. in unsere Betten fielen.




15. Tag
13. März 2006



Einen tiefen festen Schlaf hatte ich in dieser Nacht denn die Anstrengung war doch enorm gewesen am Montana Mountain.
Als ich gegen halb sechs Uhr früh aufwachte legte ich noch ein Stück Feuerholz in den Ofen guckte schnell mal auf den Temperaturanzeiger, -33°C und kroch schnell wieder in den warmen Schlafsack zurück.
Dem berauschenden knistern und knacken des brennenden Holzes lauschend und den angenehmen würzigen Geruch von Rauch und verbranntem Holz in der Nase schlummerte ich noch bis gegen halb acht im Bett.
Mir wurde ganz plötzlich klar dass diese Idylle fast schon unwirklich war. Es schien für mich wie ein wahr gewordener Traum dieses Abenteuer im Yukon im Winter, in dieser urigen Blockhütte.
Und doch spürte ich wie die Zeit verging, wie die ursprünglich vielen Urlaubstage wie der Schnee im Frühling geschmolzen waren und der Abschied unmittelbar nahte.

Nun da hilft nur ein starker Kaffee gegen solch trüben Gedanken und ein paar Vitamine in Form einer Banane. Und schnell war ich wieder unten in der Hütte und voll am Frühstück zubereiten.
Meine Rückenschmerzen waren auch fast ganz weg, anscheinend hat die kurze Massage mit Voltaren gestern Abend geholfen. Aber das hieß noch nicht dass ich Lust hatte schon wieder auf ein Skidoo zu steigen um Eis fischen zu fahren wie William mit uns eigentlich geplant hatte.
Etwas enttäuscht war er dann schon als wir unsere Absicht mitteilten lieber mit dem Pickup eine gemütliche Tour nach Skagway zu machen. Im Nachhinein tut es mir sehr leid denn so gemütlich war die Tour nach Skagway dann wiederum auch nicht und es wäre bestimmt ganz toll gewesen am See zu fischen.

In Carcross tankten wir noch mal voll und schon ging es die bekannte Strecke am Tutshi Lake entlang bis wir immer höher am South Klondike Highway gelangten, dem White Pass wo recht viel Schnee lag. Zwar war die Straße geräumt aber der Wind wehte immer wieder den Schnee zurück auf die Fahrbahn die auch zum Teil mit Eis bedeckt war. Immer wieder drehten die Räder durch und ich musste richtig aufpassen um nicht von der Straße weg zu kommen. Der Wind hatte zugenommen obwohl die Sonne schien und nur wenige Wolken den blauen Himmel bedeckten.
William hatte uns gewarnt dass eine Schlecht Wetter Front im Anmarsch ist und der White Pass eventuell gesperrt werden kann falls der Sturm losbricht. Der Gedanke daran in Skagway ein paar Tage fest zu sitzen und sogar unseren Rückflug zu verpassen stimmte mich nicht besonders fröhlich.

Manchmal vergesse ich leider viel zu oft den wirklich wichtigen Moment zu genießen und beschäftige mich mit unwichtigen zermürbenden Gedanken deren tatsächlichen Verlauf ich ja sowieso nicht ändern konnte.
So war unser Aufenthalt in Skagway dann doch relativ kurz ausgefallen weil der Ort einer Geisterstadt glich und man so gut wie keinen Menschen zu Gesicht bekam. Wenn ich an meinen Sommerurlaub zurück denke wo tausende von Menschen die Straßen belebten und wie Ameisen aus den Geschäften heraus rannten hin und her als wäre Sommer- und Winter- Schlussverkauf zugleich.
Und nun blies uns ein kräftiger Sturmwind um die Nasen der uns den Spaziergang durch Skagway Vollendens verdarb. Keine Geschäfte hatten geöffnet, leere Schaufenster gähnten uns entgegen und nicht einmal ein Bier oder Kaffee konnten wir trinken denn alles war geschlossen, oder wir fanden nichts geöffnet.

Also nichts wie weg aus der Geisterstadt und erst nächsten Sommer wieder hier auftauchen. Hätte ich das geahnt so wäre diese Tour nicht gemacht worden. Zwar war die Landschaft traumhaft schön und angenehm aus dem mehr oder weniger warmen Pickup zu genießen.
Aber das anstrengende fahren auf glatter Eisbedeckten Straße machte dann doch nicht so viel Spaß und der Anblick der dunklen stürmischen Wolken am White Pass oben ließen mich fast schön übertrieben zur Rückkehr zu mahnen.
Andreas konnte oder wollte meine Hektik nicht verstehen und es gab wieder mal endlosen Diskussionen was Sinn oder weniger Sinn machte bzw. dass er lieber noch Stundenlang in Skagway geblieben wäre mit dem Risiko erst irgendwann wieder über den Pass zu kommen. Ich versuchte ihn zu verstehen denn er war schließlich zum ersten man hier in Canada/Alaska und die Wirkung die dieses Land auf ihn hatte war nicht zu übersehen. Zwar hatte ihn noch kein Virus gepackt aber er quasselte immer öfters davon einmal im Sommer in den Yukon zurück zu kehren um mit Zelt und Rucksack quer durch das Land zu ziehen….

Glücklicherweise war der Pass dann doch noch befahrbar obwohl der Wind sich nun zum Sturm entwickelte und ich froh war als wir wieder bei Williams Kennel angekommen sind.
Um Andreas wieder etwas bessere Laune zu bescheren machte ich den Vorschlag als Entschädigung noch kurz nach Whitehorse zu fahren und bei McDonalds essen zu gehen. Diesem Vorschlag konnte Andreas nicht widerstehen da er ja ein richtiger Fan von Fast Food ist.

So war es schon dunkel und kurz vor 20 Uhr als wir zurück in unserer Hütte angekommen sind. William und Matthias kehrten dann auf ein Bier und Whisky bei uns ein und der Abend wurde dann doch noch gemütlicher als der Tag selber war.
Mitternacht war schon längst vorbei als ich mich in mein Bett verkroch und dem Wind lauschte der an der Blockhütte rüttelte und mich langsam in das Land der Träume brachte.


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