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Newfoundland und Labrador: Das Land Newfoundland ist Kanadas östlichste Provinz. Eingefügt in die Nordostecke Nordamerikas bietet die Provinz dem Atlantik die Stirn. Sie reicht vom 46. bis zum 61. Breitengrad und besteht aus zwei geographisch verschiedenen Teilen: Newfoundland und Labrador. Die Insel Newfoundland, der südliche und östliche Teil der Provinz, hat die Gestalt eines großen Dreiecks von 112 000 km². Die Gesamtfläche der Provinz beträgt 405 720 km². Die Insel liegt an der Mündung des St. Lorenz-Golfs, ungefähr in der Mitte zwischen dem Zentrum von Nordamerika und der Küste Westeuropas. Im Norden ist die Insel Newfoundland durch die Strait of Belle Isle vom kanadischen Festland getrennt, im Süden durch die breitere Cabot Strait. Labrador ist fast zweieinhalb Mal so groß wie die Insel und grenzt an den Nordosten von Québec. Es ist eine riesige, unberührte Wildnis. Hier leben, im Schein des flackernden Nordlichts, die größten Karibuherden der Welt. Die Küsten der Provinz erstrecken sich über eine Länge von 17 000 km. Sie sind von malerischer Vielfalt mit ihren steilen Landzungen, tiefen Fjorden, mit zahllosen winzigen Buchten und vorgelagerten Inseln. Die Topographie von Labrador und Newfoundland ist zerklüftet. Hier haben die Gletscher der Eiszeit tiefe Spuren in Form von Seen und schnellen Flüssen hinterlassen. Ein großer Teil der Insel sowie von Süd- und Zentral-Labrador ist dicht bewaldet. Hier wachsen Schwarztannen und Balsamfichten, Birken, Lärchen und Pappeln. Im Norden Labradors gibt es kaum Wald. Hier beherrschen die mächtigen, vom Meer bis auf eine Höhe von 1676 Metern steil ansteigenden Torngat Mountains die Szenerie. Newfoundlands Klima ist gemäßigt und maritim. Die Winter sind hier, gemessen am kanadischen Standard, überraschend mild, aber sehr niederschlagsreich. In Labrador allerdings ist der Winter kalt und der Sommer kurz - wie es typisch für den mittleren Norden Kanadas ist. Die Geschichte Die Zentralregion der Insel Newfoundland war einst die Heimat der mittlerweile ausgestorbenen Beothuk-Indianer. Norweger waren die ersten Europäer, die im späten zehnten Jahrhundert nach Newfoundland kamen. (Die Siedlung der Norweger, l'Anse aux Meadows, war das erste historische Kulturdenkmal, das die UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt hat.) Zu den frühen Besuchern Newfoundlands, die im 16. Jahrhundert - möglicherweise aber auch schon früher - als Fischer über den Atlantik gesegelt waren, gehörten Basken, Portugiesen, Spanier, Briten und Franzosen. Im Jahre 1497 machte sich der italienische Seefahrer Giovanni Caboto (John Cabot) auf, um den nördlichen Teil des Westatlantiks zu erkunden. Er landete am 24. Juni 1497, am Tag des heiligen Johannes des Täufers, auf der Insel, nannte sie zu Ehren dieses Heiligen "St. John's Island" und erklärte sie zum Besitz seines Gönners und Dienstherren Henry VII von England. Im 16. und 17. Jahrhundert war die Geschichte Newfoundlands von den britisch-französischen Kolonialkriegen geprägt. Damals hatte sich Frankreich auf dem Festland, in Ostkanada, bereits fest etabliert und begann jetzt, auch Besitzansprüche auf Teile von Newfoundland anzumelden. Ungeachtet der Proteste britischer Kaufleute und Fischer baute Frankreich in Placentia ein Fort und eine Kolonie. Der Vertrag von Utrecht machte 1713 einer langen Zeit feindlicher Überfälle und Scharmützel beider Nationen ein Ende und bekräftige die britische Souveränität über Newfoundland und über die Fischgründe. Im Jahre 1832 wurde der Bevölkerung von Newfoundland das Recht auf eine gewählte Versammlung zugestanden. Nach langer Debatte erhielt Newfoundland dann 1855 eine eigenverantwortliche Regierung. Zehn Jahre später vertagte Newfoundland die Entscheidung über einen Beitritt zum Dominion of Canada. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg kam der zukünftige Status Newfoundlands erneut zur Sprache. In einer 1948 durchgeführten Volksbefragung sprach sich eine Mehrheit für den Beitritt zur kanadischen Konföderation aus. Am 31. März 1949 wurde Newfoundland Kanadas jüngste Provinz. Die Bevölkerung Die Vorfahren eines Großteils der Provinzbevölkerung (574.000 E.) stammen aus Südwestengland und aus Südirland. Sie waren im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert nach Newfoundland eingewandert. Das Siedlungsmuster wurde vor allem durch die Fischwirtschaft bestimmt, und an der Verteilung der Bevölkerung hat sich bis heute nichts geändert. Die meisten Menschen leben noch immer auf der Halbinsel Avalon und im Nordosten Newfoundlands, den traditionell für die Fischereiwirtschaft wichtigsten Regionen. St. John's, historisches Handelszentrum und Hauptstadt der Provinz, ist mit fast 172.000 Einwohnern die größte Stadt der Provinz. Weitere größere Städte sind Grand Falls, Windsor und Corner Brook. Dennoch bleiben die kleineren Kommunen - man nennt sie Außenhäfen - weiterhin ein wichtiges Element der Gesellschaft von Newfoundland. Die Zwillingsstädte Labrador City und Wabush bilden die größte städtische Ansiedlung Labradors - und zwar auf der Grundlage des Eisenerzbergbaus, der in dieser Region betrieben wird. Konflikte mit den Siedlern und Krankheiten dezimierten im frühen 18. Jahrhundert die Beothuk-Indianer so sehr, daß sie schließlich ausstarben. Heute lebt, vor allem in den Küstengemeinden im Norden Labradors, eine recht große Zahl von Inuit. Die Wirtschaft Seit den Anfängen ihrer Besiedlung sind Newfoundland und Labrador höchst abhängig von ihren Naturressourcen. Anfangs wurde die Provinz wegen ihres gewaltigen Fischreichtums an den Grand Banks besiedelt. Wichtigstes Element der fischverarbeitenden Industrie der Provinz war Grundfisch (vor allem Kabeljau). Hinzu kamen andere wichtige Fischarten wie Flunder, Lachs und Dickmaul sowie der Garnelen- und Krabbenfang. Der wirksame Schutz der reichen Fischgründe vor der Küste Newfoundlands gehört seit langem zu den wichtigen Anliegen. Gerade in den letzten Jahren wird die Diskussion darum mit neuem Nachdruck geführt. 1977 erweiterte die kanadische Regierung die Fischereizone vor der Küste der Provinz auf 200 Meilen. Sie versuchte auf diese Weise, den Fischfang vor ihrer Küste besser zu kontrollieren. Zunächst, in den 80er Jahren, fiel das Resultat dieses Vorgehens positiv aus. Doch dann, 1989, ergaben wissenschaftliche Untersuchungen, daß sich aufgrund verschiedener Faktoren die wichtigsten Grundfisch-Bestände im Atlantik stark vermindert hatten. Seitdem wurden die Fangquoten immer weiter reduziert und darüber hinaus für den Fang bestimmter Fischarten Moratorien erlassen. Der Bergbau ist die zweite wirtschaftliche Grundlage der Provinz. Er liefert alljährlich Rohstoffe, vor allem Eisenerz aus Labrador, im Wert von rund 700 Millionen Dollar. Gefördert werden aber auch Gold, Asbest, Kalkstein, und Gips. 1994 entdeckte man in Voisey Bay große Nickel-, Kupfer- und Kobalt-Vorkommen. Ein umfassendes Erschließungsprojekt steht kurz vor seinem Beginn. Dritte traditionell wichtige Säule der Wirtschaft Newfoundlands ist die Produktion von Zeitungspapier. Dieser Industriezweig besteht hauptsächlich aus den drei Zellstoff- und Papierfabriken in Corner Brook, Grand Falls und Stephenville. Sie sind im Laufe des letzten Jahrzehnts umfassend rationalisiert und modernisiert worden. Vor nicht allzu langer Zeit hat die Entdeckung von Erdöl- und Erdgasvorkommen vor der Küste Newfoundlands eine neue Dimension der Ressourcenwirtschaft aus dem Meer erschlossen. Die Entdeckung des Ölfeldes von Hibernia im Jahre 1979 war Newfoundlands erster Erdölfund. Das Vorkommen wird auf 615 Millionen Faß geschätzt, und die Erdölförderung hat im November 1997 begonnen. Die Bohrinsel Hibernia gilt als das größte technische Bauwerk Nordamerikas. Die Produktion von Elektrizität ist die wichtigste Versorgungswirtschaft der Provinz. Das größte Wasserkraftwerk steht in Churchill Falls, Labrador. Es hat eine Kapazität von 5403 Megawatt. Newfoundlands verarbeitende Industrie erzeugt nur zur Hälfte Fischprodukte, Zellstoff und Papier. In einer großen Zahl weiterer Unternehmen werden Boote gebaut und Chemikalien, Holz- und Raffinerieprodukte erzeugt sowie Nahrungsmittel, Getränke, Bekleidung und Schuhe hergestellt. Der Gesamtwert der von Newfoundlands verarbeitender Industrie gelieferten Güter belief sich 1992 auf rund 1,4 Milliarden Dollar. Im Vergleich zu den übrigen kanadischen Provinzen ist die wirtschaftliche Bedeutung der Landwirtschaft der Provinz gering. Die Landwirtschaft produziert vor allem für den Eigenbedarf der Provinzbevölkerung. Doch finden Blaubeeren und Pelze beispielsweise auch außerhalb der Provinzgrenzen ihre Abnehmer. Newfoundlands Dienstleistungssektor hat im Laufe der Jahre bemerkenswerte Zuwachsraten erzielt. 1992 erwirtschaftete dieser Wirtschaftsbereich mehr als zwei Drittel des Bruttoinlandsproduktes der Provinz. In letzter Zeit hat die Provinz ihre Bemühungen um einen Ausbau des Tourismus verstärkt. Ihr reiches kulturelles und historisches Erbe sowie ihr einzigartiges Erscheinungsbild lassen sich als touristische Attraktionen für kanadische Landsleute ebenso vermarkten wie für Touristen aus aller Welt. Die Zahl der Besucher, die jedes Jahr nach Newfoundland kommen und hier geschätzte 400 Millionen Dollar ausgeben, wird auf zwischen 265.000 und 300.000 veranschlagt. |
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